Cidre - der reife, moussierende Bruder des Apfelweins
Veränderungen des Vorhandenen – ein Grundbedürfnis des Menschen
Im Allgemeinen verbindet der Begriff Cidre den moussierenden Apfelwein mit seiner Herkunftsregion Normandie in Frankreich. Der schäumende Apfelwein heißt in Irland und Großbritannien Cider und in Spanien Sidra.
Den Ritterschlag bekam der normannische Apfelschaumwein mit der königlichen Urkunde ‚Eau de Vie de Sydre’ von 1553. Diese bezog sich auf das Brennen des Apfelschaumweins zu Cidrebränden mit einem Alkoholgehalt von 40 bis 45 % Vol. Verbrieft und geschützt ist: Der Calvados darf nur in elf exakt umrissenen Gebieten der Normandie aus Cidrebränden stammen.
Die Geschichte ‚Side’ nimmt etwa 400 v. Chr. ihren Anfang
Der griechische Geschichtsschreiber Herodot erwähnt einen Volksstamm, der sich mit dem Auspressen von Äpfeln befasste. Dieser Stamm war in ‚Side’ ansässig. Der Begriff ‚Side’ hat griechische Wurzeln, bedeutet Granatapfel. Zufall, dass in der griechischen Mythologie eine Tochter des Taurus, die ‚Side’ gerufen wurde, von einer Nymphe in einen Granatapfelbaum verzaubert wurde.
„Herodot erwähnt unter der Bezeichnung ‚Cide’ das alkoholisierte Apfelsaftgetränk.“
Etwa um 50. n Chr. erwähnt der Römer Plinius den ‚Wein aus allen Sorten von Äpfeln.’ Im 1. Jahrhundert schrieb ein Militärarzt dem Obstwein heilende Kräfte zu und im 6. Jahrhundert ‚exportierten’ die Regionen im Baskenland bereits den ‚Sydre’ in die nördlichen Regionen.
Was den Herrscher ‚Karl der Große’ dazu veranlasst hat, wird im Dunkel der Cidre-Geschichte bleiben. Mit seiner Landgüterverordnung ‚Capitulare des villis vel curtis imperrii…’ ordnet Karl der Große an: …dass jeder Richter unter seinem Personal auch jemand haben solle, welcher unter anderem ‚berauschende Getränke’ (Bier, Apfelwein etc.) bereiten könne.
Schon damals wollten die Bewohner der Britischen Inseln ihre eigenen Wege gehen. Im 17. Jahrhundert plädierte der Agrarwissenschaftler John Worlidge in seinem Werk: ‚Vinetum britannicum or Treatise of Cider’ auf den Britischen Inseln für die Produktion von Cider anstelle von Wein.
Cidre-Getränke zu genießen – ein fast grenzenloses Vergnügen
Produziert wird moussierender Apfelwein fast weltweit. Getrunken wird Apfelsekt in Europa vom Polarkreis bis zu südlichsten Zipfel Europas, von der Atlantikküste bis in die Weiten des russischen Hoheitsgebietes.
Der weltweit größte Cidreproduzent ist Frankreich. Neben den klassischen Gebieten in der Normandie, der Bretagne und an der Loire läuft die Produktion in der nördlichsten Region Nord-Pas-de-Calais, in der Champagne, in den Ardennen und bedingt auch in Savoyen.
Nicht nur für den Wein auch für die Cidre-Produkte gibt es in Frankreich die wichtige Ursprungsbezeichnung ‚Kontrollierte Anbauregion“ (Appellations d’origine contrôlées (AOC) / Denominación de origen controlada (DOC)). Dabei findet ein interner Wettstreit zwischen dem normannischen ‚Pays d`Auge’ und dem bretonischen ‚Cidre-de-Cornouaille’ statt.
Qualitativ hochwertige Apfelschaumweine kommen auch aus den deutschen Bundesländern, aus Österreich, den südeuropäischen Ländern, Spanien und Portugal mit Madeira.
Großbritannien und Irland runden das Gebiet in Europa ab, produzieren ihren Cider. Aus den Ländern Osteuropas liegen keine Informationen vor. Doch kann davon ausgegangen werden, dass auch dort Apfelschaumweine produziert werden.
In Südafrika wird infolge des britischen Erbes von mehreren Firmen in größeren Mengen Apfelschaumwein hergestellt.
Auch auf dem amerikanischen Kontinent werden Apfelschaumweine in Kanada, in den Vereinigten Staaten und auch in Mexiko produziert.
Vom Apfel zum Apfelschaumwein – viele Wege sind gangbar
Möglichkeiten bieten sich viele – vollen Genuss bringt nur eine
Grundsätzlich eignet sich jeder Apfel zur Verarbeitung zu Apfelschaumwein. Geht es aber um die Qualitäten, dann wird bereits eine Auswahl zwischen den Apfelsorten getroffen.
Verschiedene Apfelsorten ergeben auch unterschiedliche Cidre-Sorten. Wichtig bei der Auswahl der Äpfel ist, die Früchte sollten gut tanninhaltig sein. Die Gerbsäure hat bei dem Reifeprozess eine wichtige Funktion.
Basisprodukt ist frisch gepresster Apfelsaft, der wird in Fässer abgefüllt und zur Fermentierung (Gärung) mit bestimmter obergäriger Hefe versetzt. Es gibt auch spezielle Cidre-Hefen, die oft bei pasteurisierten Apfelsäften genommen wird. Die Fermentierung findet bei relativ niedrigen Temperaturen (ca. 15 °C) statt. Die Temperatur beeinflusst die Dauer der Fermentierung und steigert den Aromagehalt. Eine ständige Kontrolle des Zuckergehaltes ist in dieser Phase unerlässlich, denn ist ein gewisser Zuckerpegel erreicht, wird der Inhalt des Fasses in einen Drucktank (Druckfass) umgefüllt. Abgesunkene Hefen und abgelagerte Schwebstoffe bleiben zurück. Ist das neue Behältnis ohne jeden Lufteinschluss befüllt, wird es drucksicher verschlossen.
Bei einer Temperatur von ca. 15 °C setzt die weitere Fermentierung ein, verwandelt den verbliebenen Zucker bis zum gewünschten Maß zu Kohlensäure und bindet diese in dem Apfelschaumwein, macht ihn lagerfähig. Der Prozess kann vier bis fünf Wochen dauern. Lagerfähig im Fass ist der trinkfertige Apfelsekt zwei bis etwa vier Jahre.
‚Sehr gut’ – der vollkommene Genuss
Bei der „método tradicional“ (Asturien/Spanien) und bei der „klassischer Flaschengärung“ in Frankreich findet die Gärung in Sektflaschen statt. Dies Produkt ist eine echte Kostbarkeit.
‚Na ja’ – wenn er gegen den Durst hilft
Bei der industriell hergestellten Apfelsekt-Massenware wird die künstliche Kohlensäure den Produkten unter Druck zugeführt.
Die Volumen-Prozente sind nicht Frage des guten Geschmacks, sie sind länderspezifisch
Der Alkoholgehalt bei Apfelschaumweinen hat eine Bandbreite zwischen 0,8 % Vol. bis 7,5 % Vol. in Schweden und 12 % Vol. in Großbritannien. Die klassischen Werte in Frankreich und Belgien sind für ,Brut’ ca. 5 % Vol. und für den süßlichen ‚Doux’ ca. 2,5 % Vol. Schweden jedoch gewinnt bei der Bandbreite, sie bieten Cider mit 0,8 – 2,5 – 4,5 – und 7,5 % Vol. Alkoholgehalt an.
Fast unüberschaubar sind die Bezeichnungen je nach Herstellerland zwischen ‚Brut’ und ‚Doux’. In Asturien gibt es Amante, Blanda und Cantarina oder Dulcina, Fecha, Machu und Tierna. Die Briten wiederum haben Bezeichnungen wie ‚Dry’ – ‚Light’ – ‚Extreme’ und ‚Cold’.
‚Hoch die Tassen’ – die Normandie genießt Cidre aus Tassen oder Schalen
Ob pur oder als Mixgetränk, guter Apfelschaumwein ist immer ein Genuss. Speziell mit einem Schuss ‚Crème de Cassis’ ist er eine Wohltat für die Seele.